Wirtschaftsausschuss debattiert nachhaltige Sicherung der Energieversorgung

Wirtschaftsausschuss debattiert nachhaltige Sicherung der Energieversorgung

Energieministerin Gewessler unterstreicht Vorreiterrolle Österreichs bei der Energiewende

Mit der Zukunft der Energieversorgung Österreichs und Fragen der dazu notwendigen Infrastruktur beschäftigte sich heute der Wirtschaftsausschuss. Im Fokus einer Aussprache der Abgeordneten mit Bundesministerin Leonore Gewessler, in deren Ressortzuständigkeit auch Energiefragen fallen, standen die nächsten Gesetzesvorhaben in diesem Bereich.

Auf Grundlage einer EU-Richtlinie beschloss der Ausschuss heute einstimmig Änderungen im Erdölbevorratungsgesetz, welche den Verwaltungsaufwand senken soll. Vertagt wurden vom Ausschuss zwei Entschließungsanträge der SPÖ zur Absicherung der Stromversorgung. In einem der Anträge fordern die SozialdemokratInnen eine zeitgemäße rechtliche Grundlage für die Umsetzung von Projekten der Energie-Infrastruktur ein. Der zweite Antrag fordert eine Strategie zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit, wenn wie geplant ab 2030 die Stromversorgung Österreichs ausschließlich über erneuerbare Energieträger erfolgen sollen.

Aussprache mit Bundesministerin Gewessler zum Thema Energiewende

Die Vorhaben zur Umsetzung der Klimaziele im Bereich der Energieversorgung und vor allem die Dekarbonisierung der Stromversorgung, die bis 2030 umgesetzt werden soll, standen im Fokus der Aussprache mit der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Leonore Gewessler. In ihrem einleitenden Statement konzentrierte sich die Ministerin auf drei Gesetzesvorhaben, die heuer umgesetzt werden sollen, nämlich das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), die Novellierung des Energieeffizienzgesetzes und das Strommarktgesetz Neu. Mit dem EAG solle die Grundlage für 100% Strom aus erneuerbaren Energieträgern bis 2030 gelegt werden, erklärte Gewessler. Bei der Energieeffizienz gehe es darum, dass Österreich aktuell die Einsparungsziele nur rechnerisch erreiche, faktisch aber verfehle. Hier müssten die Effizienzpotenziale bei Transportwesen und Gebäuden mobilisiert werden. Beim Strommarktgesetz Neu gehe es im Wesentlichen um die Umsetzung von EU-Recht, wobei damit auch Fragen der Netzentgeltstruktur, des KundInnenschutzes und von Maßnahmen gegen Energiearmut umfasst seien. Grundsätzlich sehe sie in der Energiewende und im Klimaschutz auch eine Chance für den Wirtschaftsstandort, da die Verfügbarkeit von erneuerbarer Energie künftig ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor sein werde.

An die Ausführungen der Ministerin schlossen sich zahlreiche Fragen und Anmerkungen der Abgeordneten des Ausschusses. SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll fragte nach dem Zeitplan der Umsetzung. Beim EAG sei in der letzten Legislaturperiode leider wenig geschehen. Die EU habe zudem für die Umsetzung des Energieeffizienzgesetzes eine Frist bis 25. Juni gesetzt, das sei kaum erreichbar. Maximilian Lercher (SPÖ) thematisierte die Energiearmut und wies darauf hin, dass noch etwa die Hälfte der Personen, die Anspruch auf Befreiung von der Ökostrompauschale hätten, keinen Antrag gestellt haben.

Die Ministerin sagte, es gebe bereits Vorarbeiten zum EAG, laut dem neuen Regierungsprogramm wolle man dabei aber einige Adjustierungen vornehmen. Ziel bleibe das Inkrafttreten Anfang 2021. Beim Energieeffizienzgesetz strebe sie an, bis zum Sommer einen Entwurf vorzulegen. Über die Frage der Umsetzungsfrist sei man in guten Gesprächen mit der EU-Kommission. Zur Frage der Energiearmut gebe es schon Gespräche mit dem Sozialministerium, versicherte die Ministerin. Was die Ökostrompauschale betreffe, so sei geplant, die Informationen über Befreiungsberechtigungen breiter zu streuen.

FPÖ-Abgeordneter Axel Kassegger zweifelte daran, dass die Ziele beim Ausbau erneuerbarer Energie realistisch sind. Insgesamt spreche die Regierung von 27 Terawattstunden, die man über Ausbau von Photovoltaik, Windkraft, Wasserkraft und Biomasse erreichen wolle. Er frage sich, ob man für zusätzliche 11 Terawattstunden Strom aus Photovoltaik überhaupt genug Flächen finde.

Auch Helmut Brandstätter von den NEOS thematisierte die von der Regierung genannten Ausbauziele und meinte, für ihn sei fraglich, wie man die Wasserkraft bei gleichzeitiger Umweltverträglichkeit noch um 5 Terawattstunden ausbauen könne. Für den Ausbau der Photovoltaik sehe er noch zahlreiche bürokratische Hürden.

Bundesministerin Gewessler erklärte, die Volumina des Ausbaus der erneuerbaren Energie, die man anstrebe, seien zweifellos ambitioniert, die genannten Zahlen aber fundiert. Sie orientierten sich an realistischen Bedarfsabschätzungen und der technischen Umsetzbarkeit ebenso wie an der Umweltverträglichkeit. Sie sehe die Notwendigkeit, künftig stärker auf Energiegemeinschaften zu setzen. KonsumentInnen würden damit AkteurInnen der Energiewende werden. Was die Entbürokratisierungsschritte zum Ausbau der Photovoltaik betreffe, seien bereits Gespräche mit dem Justizministerium im Gange. Der Bund werde seinen Beitrag zu Bereitstellung der benötigten Flächen für den Ausbau leisten.

Für den Grünen Abgeordneten Martin Litschauer geht die Frage der nachhaltigen Energieversorgung über die Frage des Ökostroms hinaus. Der Ersatz von Gasheizungen werde eine große technische Herausforderung, auch das Fördersystem müsste für eine Umrüstung neu aufgestellt werden. Lukas Hammer (Grüne) sah es als erfreulich, dass offenbar ein grundsätzlicher Konsens über die Notwendigkeit der Energiewende herrscht. Allerdings werde die EU dabei eine wichtige Rolle spielen. Er fragte daher, was die Gespräche zum Green Deal ergeben hätten. Auch Tanja Graf (ÖVP) verwies auf die Wichtigkeit der EU-Ebene wie auch aller Gebietskörperschaften sowie der BürgerInnen.

Bundesministerin Gewessler zeigte sich optimistisch, dass die EU den Umbau des Energiesystems mit Nachdruck verfolgen wird. Aus den Gesprächen mit EU-Kommissar Frans Timmermans zum Green Deal habe sie den Eindruck gewonnen, dass hier sehr ernsthaft gearbeitet werde. Österreich wolle rasch in die Umsetzung gelangen, die Regierung habe sich zum Ziel gesetzt, dass Österreich zur Gruppe der Vorreiter der Energiewende in Europa gehören soll.

SPÖ-Abgeordneter Christoph Matznetter richtete an die Ministerin abschließend detaillierte Fragen zu Fragen der Eigentümerschaft von kritischer Infrastruktur, wobei er auf die jüngsten Pläne der OMV in Zusammenhang mit dem Erwerb des Mehrheitsanteils am Chemiekonzern Borelis verwies. Das könnte Auswirkungen auf das Geschäftsfeld Erdgas und die Eigentümerschaft am Gasnetz haben, meinte er und wollte wissen, wie ihr Ressort und die ÖBAG reagieren werden. Bundesministerin Gewessler versprach, diese schriftlich zu beantworten.

Anpassungen im Erdölbevorratungsgesetz sollen mehr Transparenz gewährleisten

Die Umsetzung einer entsprechenden Durchführungsrichtlinie der Union ist Hauptgesichtspunkt einer Novelle zum Erdölbevorratungsgesetz (53 d.B.), die vom Wirtschaftsausschuss einstimmig gebilligt wurde. Im Wesentlichen erfolge eine Verschiebung des Beginns der neuen jährlichen Bevorratungsverpflichtung um drei Monate, wie Bundesministerin Gewessler den Abgeordneten erläuterte. Dadurch sollen die Mitgliedstaaten mehr Zeit für die Durchführung ihrer internen Verwaltungsverfahren erhalten, sodass sie die Frist leichter und möglicherweise auch zu geringeren Kosten einhalten können, und mehr Transparenz erreicht werden.

SPÖ fordert zeitgemäße Grundlagen für Energieinfrastrukturverfahren ein

Die Problematik von Hochspannungsleitungen, insbesondere die oft als mangelhaft empfundene Einbindung der Bevölkerung bei der Planung, greift die SPÖ in einem Entschließungsantrag (153/A(E)) auf. SPÖ-Abgeordnete Cornelia Ecker erklärte, in dem Antrag gehe es um zeitgemäße Grundlagen für Energieinfrastrukturverfahren. Besonders wichtig wäre es aus ihrer Sicht, die aktuellen technischen Grundlagen, Funktionsweisen und Anwendungsmöglichkeiten – Erdkabel oder Freileitungen – allgemein zu klären. Notwendig sei auch die bessere Einbindung der Bevölkerung und mehr Planungssicherheit für Projektwerber, weshalb die EU-Richtlinie betreffend die Strategische Umweltprüfung, vor allem hinsichtlich von Vorhaben auf dem Energiesektor, umzusetzen wäre. Weiters will die SPÖ das Starkstromwegerecht dahingehend ändern, dass in sensiblen Gebieten eine Verkabelung zu erfolgen hat, sofern nicht schwerwiegende Gründe technischer oder betrieblicher Natur dagegenstehen.

Der Abgeordnete der Grünen Lukas Hammer griff den Punkt der Erd- bzw. Teilverkabelung von Starkstromleitungen auf und sagte, auch seine Fraktion habe das Ziel, dass diese künftig geprüft werden müsse. Verhandlungen mit dem Koalitionspartner darüber seien bereits im Gange, betonte Hammer. Er stellte einen Vertagungsantrag, der mit den Stimmen von ÖVP und Grünen angenommen wurde.

SPÖ mahnt Strategie für Versorgungssicherheit bei Strom ein

Vor drohendem Strommangel und der Gefahr eines Blackouts als Resultat der angestrebten Energiewende warnt der Energiesprecher der SPÖ Alois Schroll. Der notwendige Umbau der österreichischen Stromerzeugung in Richtung 100% erneuerbarer Strom bis 2030 erfordere mehr als nur zusätzliche Ökostromanlagen, meint er, die Energiewende brauche auch Versorgungssicherheit. Das Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen bleibe aber in Hinblick auf die Sicherung von Reservekapazitäten unklar, bemängelt Schroll, der in einem Entschließungsantrag (210/A(E)) eine Versorgungssicherheitsstrategie mit konkreten Maßnahmen und einem konkreten Zeitplan fordert. Schroll will eine Erhebung des aktuellen Stands der Versorgungssicherheit auf Basis fundierter Daten und die Analyse aller Potenziale zur Steigerung der Versorgungssicherheit sowie die Erhebung von Flexibilisierungsoptionen. Schroll ist es auch wichtig, dass es zu keinen unnötigen Mehrbelastungen für die EndkundInnen kommt.

ÖVP-Abgeordnete Tanja Graf meinte, Versorgungssicherheit sei wichtig und werde bei den Planungen zur Energiewende selbstverständlich ernst genommen und sei auch im Regierungsprogramm festgehalten. Die Gefahr eines Blackouts in Österreich in naher Zukunft sehe sie nicht. Derzeit seien Verhandlungen zur Frage der Reservekapazitäten im Laufen, eine weitere Strategie in derselben Angelegenheit halte sie nicht für zielführend. Die Abgeordnete stellte daher einen Vertagungsantrag, der mit Mehrheit von ÖVP und Grünen angenommen wurde. Bundesministerin Gewessler sagte, sie stimme selbstverständlich zu, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet bleiben müsse. Daher arbeite die Koalition am Netzinfrastrukturplan und wolle in der Frage der Netzreserve noch heuer eine EU-konforme Weiterentwickelung in Angriff nehmen.

Schroll: Finanzielles Desaster der Gemeinden muss verhindert werden